Oberlausitzer Bahnstrecken reaktivieren – jetzt handeln!

In Bezug auf den Artikel „Rollen bald wieder dauerhaft Züge zwischen Löbau und Ebersbach?“ vom 8. September 2023 in der Sächsischen Zeitung äußert sich Franziska Schubert, Oberlausitzer Abgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag:

„Meine Position bleibt klar: beide angesprochenen Strecken lohnen es, reaktiviert (im Falle Ebersbach-Löbau dauerhaft reaktiviert) zu werden.“

„Die angesprochene Potenzialanalyse zu möglichen Streckenreaktivierungen haben wir uns detailliert angeschaut. Wir kommen zum Ergebnis, dass sie aus Sicht meiner Fraktion unzureichend ist und die Potenziale der beiden Strecken Löbau-Ebersbach und Oberoderwitz-Niedercunnersdorf („Herrnhuter Bahn“) fehlerhaft darstellt. Die Beförderungsleistung wurde beispielsweise bei der Strecke Bautzen-Löbau-Görlitz-Oberoderwitz-Ebersbach-Zittau nur für die reaktivierten Abschnitte beigefügt, nicht für die Gesamtstrecke, wie es beispielsweise bei Marienberg-Pockau-Lengefeld angewendet wurde. Damit ist die Ergebnisdarstellung für die Oberlausitzer Strecke tendenziös – sie ist lückenhaft und bietet keine Vergleichbarkeit mit den anderen untersuchten Strecken in Sachsen.

„Aus Berechnungen meiner Fraktion mit den vorliegenden Zahlen des SMWA wurde bei einer Reaktivierung der beiden Oberlausitzer Strecken ein wesentlich höheres Fahrgastpotential für die gesamte Region deutlich: 19.000 zusätzliche Personenkilometer pro Werktag und 5,8 Mio. Personenkilometer pro Jahr. Durch die deutliche Fahrtzeitverkürzung (Görlitz-Ebersbach minus 35 Minuten oder Obercunnersdorf-Zittau minus 28 Minuten) wären die Zugverbindungen eindeutig konkurrenzfähig zum Auto und es würden Millionen PKW-Kilometer pro Jahr eingespart.“

„Wie wir seit Anfang Juli auf der Strecke Ebersbach-Löbau sehen konnten, funktioniert der Zugverkehr und wird rege genutzt. Diese Strecke nicht zu reaktivieren, wäre ein Fehler. Hier liegen Fahrgastpotentiale offen.

Weiterhin erklärt sie: „Im Doppelhaushalt 2023/24 wurden insbesondere auf Initiative meiner BÜNDNISGRÜNEN Fraktion Mittel zur Reaktivierung von sechs Bahnstrecken eingestellt – darunter Ebersbach-Löbau und die Herrnhuter Bahn. Durch uns sind diese Strecken überhaupt erst namentlich erwähnt worden. Die Planung der Leistungsphasen 1 und 2 ist für beide Strecken entsprechend aus dem Haushaltstitel finanzierbar und muss sofort angegangen werden. Es mangelt hier nicht an der Finanzierbarkeit, sondern am politischen Willen. Das nehmen wir nicht unwidersprochen hin.

„Wir haben es im Landkreis Görlitz mit einem Strukturwandel zu tun, der uns auch in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen wird. Hier wurde nach der ‚Wende‘ viel zu viel abgebaut und stillgelegt – das halte nicht nur ich für einen großen Fehler, der damals gemacht wurde. Ein gutes Schienennetz und ein leistungsfähiger ÖPNV sind essentiell für das Gelingen von Strukturwandelmaßnahmen. Auch die überregionale und internationale Bedeutung einer guten Anbindung der Oberlausitz und des Dreiländerecks an große Städte wie Prag und Dresden und unsere Nachbarländer dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Gerade mit dem geplanten Ausbau der Strecke Prag-Liberec braucht es Alternativen bei der Streckenführung, um einen Anschluss nach Deutschland hinein zu gewährleisten.“

„Nicht zu vergessen ist auch die Bewerbung um den Weltkulturerbetitel der Stadt Herrnhut. Ein Erfolg ist sehr wahrscheinlich. Sollte die Stadt im nächsten Jahr den Titel erhalten, mangelt es an ÖPNV-Verbindungen. Wir haben damit zu rechnen, dass es ein höheres Aufkommen an Touristen und Besuchern in Herrnhut geben wird – ein Bahnhof, an dem tatsächlich gehalten wird, ist unerlässlich. Die Bahnstrecke Zittau-Löbau ist eine der schönsten Bahnstrecken der Region. Ein Gleisrückbau wäre fatal. Ein Radweg auf dieser Strecke ist nicht sinnvoll – insbesondere die Kosten, die für den Erhalt bei den Kommunen liegen, sind enorm hoch.“

„Es besteht kein Zweifel daran, dass auch die Bevölkerung vor Ort sich eine Streckenreaktivierung wünscht. Seit Jahren schon setzen sich Initiativen wie der Pro Herrnhuter Bahn e.V. für eine Wiederbelebung der Strecken ein. Dieses Engagement unterstütze ich nach Kräften und sollte politisch nicht enttäuscht werden. Wo Potenziale sind, müssen wir diese auch nutzen.